Good Looks

„Blue-collar bad boys being blatantly vulnerable“ bezeichnen sie sich selbst. Die Band aus Austin, Texas, macht „socialist heartland rock“, wie The Line Of Best Fit es ausdrückt. Sie verbinden die Seele von Alt-Country und Indie-Rock mit der Arbeitsmoral einer Bar-Band. Als würden The War on Drugs mit Sebadoh und Go To Blazes in irgendeiner Dive-Bar gemeinsam auf der Bühne stehen. Das freut alle Fans von Americana und rootsigem Rock – Good Looks sind aber verquer genug, um die 90er Indierock-Bubble zu begeistern. Und fresh genug, um auch alle anderen mitzunehmen.

Good Looks schreiben großherzige und kathartische Rocksongs über die Ausdauer, die man braucht, um harte Zeiten zu überstehen. Im April 2022 veröffentlichte das Quartett sein von der Kritik gefeiertes Debüt Bummer Year, das die Frustrationen nach 2016 in lyrisch bissige Tracks mit gehörigem Sarkasmus kanalisierte.

Unmittelbar nach ihrer triumphalen Release-Show in ihrer Heimatstadt ereignete sich eine Tragödie. Vor dem Club wurde Leadgitarrist Jake Ames beim Überqueren der Straße von einem Auto angefahren, er erlitt multiple Brüche u.a. einen Schädelbruch. Er lag auf der Intensivstation, hatte Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis – aber irgendwann erholte sich Ames. Der traumatische Unfall hat die Band gestärkt, wie sie selbst sagen, was auch auf ihrem neuen Album Lived Here For A While zu hören ist. Die Band tauschte den Americana-Sound, der Bummer Year prägte, gegen weniger puren, klirrenden Indie-Rock. Das Album ist furchtlos, es ist direkte, unmittelbare Musik, die die volle Intensität ihrer Live-Show einfängt.

Textlich sind die Songs auf diesem Album heilende Meditationen über familiäre Dysfunktion, neue Beziehungen und darüber, wie ein Zuhause unkenntlich werden kann. Beziehungen aller Art werden reflektiert und und ohne Drama seziert. Drama regiert allerdings weiter die äußeren Umstände, unter denen die Band zu leiden hat: ihr Tour-Van wurde in einen kapitalen Unfall verwickelt und ging in Flammen auf – alle Bandmitglieder überlebten mehr oder weniger unversehrt. Zwei Tage später waren sie zurück auf Tour. Es scheint, als gäbe es nichts auf dieser Welt, was Good Looks aufhalten könnte: keine verrückten Unfälle, nicht die unerbittliche Plackerei, die die Musikindustrie mit sich bringt, keine Pandemien, nichts. Für diese Band gibt es keinen Plan B. Und während sie weitermachen, sich den Hintern abspielen, scheinen sie durchaus entspannt darauf zu vertrauen, dass die richtigen Leute schon zu ihnen finden werden – alles zu seiner Zeit, Stück für Stück. Daraus spricht eine Entspannheit, die sie in ihrer Musik wunderbar mit Dringlichkeit kontrastieren lassen.

Eine Band wie gemalt für den OBS-Garten.

(Foto: Jackie Lee Young)

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Hintergrund-Foto: Lucja Romanowska

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