Jesper Munk

Es gibt fast niemand in der deutschen Indieszene, die/der noch nie etwas von ihm gehört hat. Aber: Wo soll man anfangen, wie einordnen und wo aufhören? Seine Suche nach der eigenen Klangwelt hat sich als erfolgreich erwiesen, was bei Konzerten wie auf Platte deutlich zu hören ist. In den letzten zwölf Jahren ist viel passiert und Jesper Munks Geschichte ist eine von vielen Auf und Abs, von der bluesy Supernova zum zwar hippen aber unterschätzten Crooner, vom Teenage-Posterboy zum etablierten und gestandenen Singer/Songwriter. Jesper Munk musste in den letzten Jahren erstmal die temporary tattoos „Blues-Wunderknabe“ oder „Blues-Erneuerer“ abwaschen, die man ihn zu Beginn seiner Karriere irgendwo zwischen den White Stripes und The Black Keys mit seinem Indie-Erstling „For In My Way It Lies“ und dem darauffolgenden Major-Debüt „Claim“ aufgepappt hatte. Gerade mal 20 Jahre war er damals jung, kein Wunder, dass ihm da einiges ziemlich gegen den Strich ging – denn wenn eins seine Sache nicht ist, ist das die Vereinnahmung durch inhaltliche Etiketten.

„Gerade mal Anfang 30 blickt der im wahrsten Sinne des Wortes in Berlin gestrandete Münchner Jesper Munk auf eine durchaus beeindruckende Karriere als Musiker zurück. Die gute Botschaft vorab: Jesper Munk hat die obligatorischen 27 Jahre überlebt. Und: Er hört auf, sich wichtig zu nehmen. Keine großen Hallen mehr, sondern stinkige kleine Clubs überall auf der Welt. Spielen, zuhören, sich fühlen. Echte Menschen treffen. Lernen. Nur darum geht es ihm, das will er machen. Was erlaube Munk? Jesper gerät in Vergessenheit. Die große Plattenfirma nimmt Abstand. Er fängt an, komplett alleine aufzunehmen und macht sich so auf die Suche nach seiner wirklichen musikalischen Bestimmung. Pop-Höhepunkte, wie man sie in ihrer Wahrhaftigkeit und Wärme seit Amy Winehouse nicht mehr gehört hat. Er ist ein Mann mit einer goldenen Stimme.“ (Patrick Wagner, Gewalt) Zuletzt, mit seinem auf Glitterhouse erschienenen Album „Yesterdaze“ liefert er sowohl Annäherung und Versöhnung mit seinem Frühwerk als auch Bewältigung verschiedener Themenkomplexe – von Starrummel über Depression, von klischeebehafteten Eskapaden bis Beziehungskrisen, von Kapitalismuskritik bis zur menschlichen Entfremdung, aber auch von sachgemäßem, zwingend notwendigem Eskapismus sowie bedingungsloser Liebe und ein bisschen Zuversicht. Sein Fokus ist allem jüngst das Essenzielle. Jener gefühlvolle, alles vereinnahmende Spot auf die Musik, die Texte und auf den Vibe. Seine hochkarätige Band trägt dazu bei. Jesper: „Die Cassette-Heads kennenzulernen hat sich für mich angefühlt, wie nach Hause kommen … besser habe ich mich musikalischehrlich gesagt noch nie gefühlt.“ Seine Begleiter Tim Granbacka (keys, synth, guit, backingvocals), Bassist Hal Strewe und Schlagzeuger Ziggy Zeitgeist kommen aus der Berliner Session-Szene, fungieren aber – egal ob mit oder ohne Jesper – in ihrer Arbeit als Kreative ebenfalls als Komponisten und Produzenten und sind so umso besser in der Lage, Jespers Ideen zielgerecht, manchmal auch virtuos, immer aber mit sehr viel Herz, Können und Wärme umzusetzen. Was die vier auf einer Bühne zusammen erschaffen ist moderner Neo-Soul, vom Jazz geküsst, dazu Chanson, R’n’B, bluesy Crooner-Balladen und zarter Indie-Pop bis hin zum Slow Wave. Aber das kann nur annähernde Beschreibung sein. Dazu Jesper: „Ich sehe Musik als eine universellen Sprache bei der sich jegliche Art von Ausgrenzung falsch anfühlt.“

Jesper Munk – der sich nicht nur was sein Umfeld anbelangt, 2024 völlig neu erfunden hat – besticht mit kompromissloser Eigenständigkeit. Es ist die Freiheit, die ihn antreibt. Ganz ohne Major-Druck und meilenweit davon entfernt irgendwelchen Marktmechanismen zu entsprechen. In-München konstatiert: „Als hätten Prince und Cigarettes After Sex zusammengearbeitet – und eben doch ganz eigen.“ Das hat jede Menge Seele, seine Stimme war nie besser, sein Vortrag ist berührend und begeisternd.

(Foto: Josephine Binder)

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